Radka Denemarková

Radka Denemarkovás bislang letzter Roman "Stunden aus Blei" beschäftigt sich eindringlich mit den gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in China. Im Hintergrund spielen jedoch die mitteleuropäischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts und insbesondere die tschechoslowakische Dissidenz eine wichtige Rolle. Das intellektuelle Vermächtnis Václav Havels und Jan Patočkas gewinnt daher in diesem Roman gerade im Kontext der aktuellen Ereignisse in China eine neue Bedeutung und Dringlichkeit. Während ihres Aufenthalts am IWM wird Denemarková an einem neuen Roman mit besonderem Bezug auf den mitteleuropäischen Raum arbeiten, der die Fragen von Ost und West neu aufrollt (vorläufiger Titel: „Schokoladenblut“). In Vorbereitung ist auch ein Essay über Jan Patočka (Arbeitstitel: „Die Geschichte ist nicht woanders.“) als jemanden, der Schluss machte mit dem Warten auf die Besserung der Welt und sich zu seinem Recht bekannte, in die Welt einzugreifen und Stellung zu beziehen. Das Außergewöhnliche seines Lebens bestand darin, dass er es wagte, aus dem Schatten der Geschichte herauszutreten und die Verantwortung für den Lauf des Geschehens selbst zu übernehmen. Das Leben ist nicht außerhalb der Geschichte, die Geschichte nicht außerhalb des Lebens.